-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Elmar Schmaehling <elmar_schmaehling@...>
An: adn <aktuelles@...>
Datum: Donnerstag, 28. September 2000 09:48
Betreff: Fw: YU-Wahlen


Sehr geehrte Damen und Herren,

ich schicke Ihnen die Erklärung der deutschen Wahlbeobachter bei den
Jugoslawienwahlen noch einmal als doc-Datei.
Zusätzlich füge ich eine weitere Erklärung der internationalen
Beobachterkommission und einen Bericht über die Wahldurchführung in
Montenegro von Klaus Hartmann bei.

Auch die Vorlage des nun amtlichen Endergebnisses durch den
Bundeswahlausschuss ändert nichts an den Aussagen unserer Erklärung und
der Notwendigkeit beider Seiten, die Unterschiede beim Ergebnis der
Präsidentschaftskandidaten durch Offenlegen der Auswertungsunterlagen
gegenüber der Öffentlichkeit aufzuklären.

Mit freundlichen Grüßen

Elmar Schmähling

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Erklaerung der Wahlbeobachter aus Deutschland

Demokratische und faire Bedingungen im Land selbst, massive
Manipulations- und Erpressungsversuche von aussen - Fazit der deutschen
Beobachter der Wahlen am 24. September 2000 in Jugoslawien

Entgegen der von Medien und Politikern im Westen verbreiteten
Informationen, dass die jugoslawischen Wahlen unter Ausschluss
unabhaengiger internationaler Beobachter stattgefunden haetten, haben
tatsaechlich 210 Wahlbeobachter aus 54 Laendern, unter ihnen 52
Abgeordnete, den Wahlverlauf verfolgt.

Als Wahlbeobachter aus Deutschland, eingeladen vom Jugoslawischen
Bundesparlament, sind wir ueberrascht, dass unsere Arbeit in der
deutschen Oeffentlichkeit nicht wahrgemommen wird, und erst recht diese
Chance zur Information aus erster Hand nicht genutzt wird.

Wir hoffen sehr, dass dies nicht seine Ursache darin hat, dass manche
interessierten Seiten schon vor Oeffnung der Wahllokale am 24. September
2000 "wissen" wollten, dass die Wahlen gefaelscht wuerden, und
"Ergebnisse" der Wahlen bereits verkuendeten, bevor die Stimmen
ausgezaehlt waren.

Wir hatten als Wahlbeobachter jede Moeglichkeit, uns frei zu bewegen,
Ueberpruefungen vor Ort vorzunehmen, die Bedingungen und den Ablauf der
Wahlen in allen Phasen zu kontrollieren. Mehrere hundert Wahllokale
wurden von den Beobachtern unangemeldet besucht. Daher stellen wir fest,
dass unsere Beobachtungen mit unseren eigenen Augen und mit eigenem
kritischen Verstand vorgenommen wurden, und dass wir daher den Wert
unserer Beobachtungen und Festellungen anders einschaetzen als jene
diversen Stellungnahmen von Politikern, die mit Informationen aus
dritter Hand in der Regel ihre vorgefasste Meinung bestaetigt sehen
wollen.

Die Internationale Beobachterkommission der Wahlen am 24. September 2000
hat in einer gemeinsamen Erklaerung festgestellt, dass die Wahlen
demokratisch und fair verlaufen sind, und die Standards von
demokratischen Wahlen in anderen Laendern voll erfuellt haben. Dieser
Feststellung wie der Gesamtstellungnahme der Internationalen Kommission
schliesst sich die deutsche Beobachtergruppe voll inhaltlich an. Sie
unterstreicht dabei besonders die Kritik hinsichtlich des skandaloesen,
umfassenden Drucks (bis zur Existenzbedrohung), mit denen die Waehler in
Montenegro durch die Djukanovic-Regierung von der Ausuebung ihres
Wahlrechts abgehalten werden sollten. Dies ist mit dem Grundsatz fairer
und freier, demokratischer und rechtsstaatlich einwandfreier Wahlen
nicht in Einklang zu bringen.

Wir unterstuetzen ebenso und aus den gleichen Gruenden die Kritik an der
massiven auslaendischen Einmischung in den Wahlkampf, sei es in Form
einer 77-Millionen-US-Dollarspende an bestimmte kandidierende
Gruppierungen, sei es durch "Wahlversprechen" der EU, man werde bei ein
bestimmtes Waehlervotum durch Aufhebung von Sanktionen honorieren. Von
jedem freien, ziviliserten und demokratischen Land wuerden derartige
Versuche der politischen Einmischung und Erpressung energisch
zurueckgewiesen, und wir befuerchten, dass solche Parteinahme vor den
Wahlen die Bereitschaft beeintraechtigen koennte, den Ablauf und die
Ergebnisse der Wahlen unvoreingenommen und objektiv zur Kenntnis zu
nehmen und das Recht zur selbstaendigen Entscheidung der Bevoelkerung
ueber die eigene Zukunft zu akzeptieren.

Die Internationale Beobachterkommission insgesamt hat sich ebenso wie
wir deutschen Beobachter jede Muehe gemacht, moegliche Fehler,
Unkorrektheiten oder Faelschungsbemuehungen zu identifizieren. Wir
konnten keine diesbezueglichen Feststellungen treffen. In Einzelfaellen
war der Sichtschutz zur Sicherstellung der geheimen Stimmabgabe
mangelhaft, was dann sofort nach unserer Intervention korrigiert wurde.
In Einzelfaellen waren Wahlwillige nicht in den Waehlerlisten
verzeichnet, entsprechend den Problemen in Deutschland, wenn
Wahlberechtigte ihre Eintragung in der Waehlerliste nicht vorher
pruefen. Gehaeuft traten solche Probleme der fehlenden Verzeichnung in
den Waehlerlisten bei jenen auf, die seit Uebernahme der Verwaltung
durch UNMIK/KFOR aus Kosovo und Metohija gewaltsam vertrieben wurden.
Hier gabe es offenkundig Abstimmungsprobleme mit den Listen des Roten
Kreuzes, in denen offenbar nicht alle Vertriebenen erfasst sind.

Grundsaetzlich ist aber festzuhalten, dass - von diesen Einwaenden
abgesehen – die Wahlen in Uebereinstimmung mit den gesetzlichen
Vorschriften stattfanden, diese Vorschriften internationalen
rechtsstaatlichen Masstaeben entsprechen, und die Durchfuehrung der
Wahlen korrekt und professionell erfolgte. Wir konnten uns davon
ueberzeugen, dass es in Jugoslawien gelungen ist, trotz widriger
Umstaende - durch acht Jahre Wirtschaftssanktionen und den
voelkerrechtswidrigen Angriffskrieg der NATO 1999 – die allgemeinen
Bedingungen fuer demokratische Wahlen zu schaffen, ebenso fuer die
Taetigkeit und das Zusammenwirken unterschiedlicher politischer Kraefte.
Die Rechtmaessigkeit und Legitimitaet der Wahlen steht somit ausser
Frage.

Zum Wahlablauf konnten wir konkret feststellen:

Die Wahlurnen in den Wahllokalen wurden bei Oeffnung der Wahllokale
versiegelt, nachdem durch den ersten Waehler festgestellt und mit
Unterschrift bestaetigt wurde, dass sie leer waren. Die Stimmzettel
wurden in abgezaehlter Stueckzahl in versiegelten Paketen unmittelbar
vor der Wahl ausgeliefert, ihr Empfang war zu quittieren, die nicht
verbrauchten Stimmzettel mussten nach Abschluss der Stimmabgabe
gezaehlt, die Zahl quittiert und als versiegeltes Paket zurueckgegeben
werden.
In allen Wahlkomitees waren Vertreter der an der Wahl teilnehmenden
Parteien / Gruppierungen, einschliesslich der Oppositionsparteien,
beteiligt. Die Auszaehlung der Stimmen erfolgte gemeinsam. Ueber die
Gueltigkeit zweifelhafter Stimmzettel wurde abgestimmt. Das Protokoll
mit dem Wahlergebnis wurde von allen Mitgliedern zu unterzeichnet.
Von diesem Protokoll wurden sechs Exemplare angefertigt. Das erste
Exemplar ging mit allen Wahlunterlagen an das Wahlkomitee des jeweiligen
Wahlkreises. Das zweite wurde an der Eingangstuer des Wahllokals
ausgehaengt. Die vier verbleibenden Exemplare wurden unmittelbar an die
Vertreter der vier Parteien / Gruppierungen ausgehaendigt, deren
Kandidaten die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnten. Alle
uebrigen Parteien / Gruppierungen hatten Anspruch auf Aushaendigung
einer Protokoll-Kopie innerhalb von 12 Stunden.
Eine nochmalige Stimmzaehlung auf oertlicher oder Wahlkreisebene findet
nicht statt. Es gilt ausschliesslich das original im Wahllokal
festgestellte und von allen unterzeichnete Ergebnis, eine nachtraegliche
Veraenderung dieser urspruenglichen Zahlen ist somit ausgeschlossen.
Die Wahlergebnisse auf Bundeseben werden auf Basis saemtlicher Prokolle
aus den Wahllokalen von der Bundeswahlkommission in den Rechner
eingegeben. Die eingegeben Zahlen koennen eingesehen und von den
Parteivertretern, die auch einen Platz in der Bundeswahlkommission
haben, mit den Zahlen der in ihrer Hand befindlichen Einzelprotokollen
verglichen werden.
Vorsorglich hat die deutsche Beobachtergruppe stichprobenartig
Ergebnisse aus Wahllokalen notiert und mit den Eingaben im zentralen
Rechner der Bundeswahlkommission verglichen – mit dem Ergebnis, dass die
Eingaben korrekt erfolgt sind.
Aufgrund dieses festgestellten Verfahrens sind die in westlichen Medien
behaupteten "gestohlene Stimmen" oder Wahlfaelschungen technisch
praktisch nicht durchfuehrbar. Dies hat der Wahlkampfmanager der DOS,
Zoran Djindjic, auf Befragen ausdruecklich bestaetigt.

Wiederholt wurde nach der Wahl von verschiedenen Seiten das "lange
Schweigen" der Wahlkommission kritisiert, waehrend die verschiedenen
Parteien sich staendig mit neuen Siegesmeldungen zu uebertreffen
versuchten, wobei sie sich jeweils nur auf jenen Teil der von ihnen
selektiv ausgewaehlten Wahlprotokolle stuetzten.

Das Zusammenfuehren der einzelnen Wahlergebnisse in der Rechenzentrale
der Bundeswahlkommission als Grundlage offizieller Ergebnisse erklaert,
fuer die Wahlbeobachter nachvollziehbar, den beanspruchten Zeitbedarf.
Die Wahlkommission ist gesetzlich verpflichtet, das amtliche Endergebnis
binnen 72 Stunden nach Schliessung der Wahllokale bekanntzugeben. Eine
staendige Bekanntgabe nicht repraesentativer Zwischenergebnisse wuerde
nur der Tendenz zur subjektiven Interpretation im Sinne vorweggenommener
Endergebnisse Vorschub leisten. Die an die Fristen zur Bekanntgabe des
Wahlergebnisses geknuepften Spekulationen und Unterstellungen einer
Faelschungsmoeglichkeit sind unhaltbar.

Die Wahlbeobachter kritisieren, dass bestimmte Politiker der EU und der
USA ihre Missachtung der demokratischen Willensbildung der Bevoelkerung
dadurch ausgedrueckt haben, Wahlsieger zu ernennen, ohne Wahlverfahren
und die tatsaechlichen Wahlergebnisse zu kennen. Diese Einmischung ist
umso verwerflicher, als sie mit der Androhung von Sanktionen verbunden
isrt..

Die Wahlbeobachter geben ihrer Ueberzeugung Ausdruck, dass Frieden,
Stabilitaet und Partnerschaft zwischen allen Staaten nur auf der
Grundlage der Respektierung gleicher Rechte, der Souveraenitaet und
Gleichheit gedeihen koennen.

Belgrad, 26. September 2000 - Fuer die deutsche Beobachtergruppe:







gez. Klaus Hartmann, Preaesident der Weltunion der der Freidenker

Prof. Dr. Wolfgang Richter, Vors. d. Gesellschaft zum Schutz
Buergerrechte und Menschenwuerde

Ralph Hartmann, Botschafter a.D.

Elmar Schmaehling, ehem. Flottillenadmiral

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Als Wahlbeobachter unterwegs in Montenegro



Die "demokratischen" Wahlen im Djukanovic-Land



Von Klaus Hartmann



Am 24. September 2000 begab sich eine Gruppe von rund 30 Wahlbeobachtern
von Belgrad aus nach Montenegro, um sich ein Bild von den
Wahlbedingungen und dem Wahlablauf in der jugoslawischen Teilrepublik zu
machen. Die Beobachter kamen u.a. aus Bulgarien, Makedonien, Moldawien,
Georgien und der Ukraine, aus Indien und dem Tschad sowie aus
NATO-Laendern wie Kanada, Grossbritannien und Deutschland.

Auf dem Flughafen von Tivat in der Kotor-Bucht angekommen, fuhr die
Gruppe mit dem Bus zu Wahllokalen in verschiedenen Teilen des Landes.
Die erste Station war die Jaz-Strand vor Budva an der Adria-Kueste, und
hier gab es bereits den ersten markanten Eindruck von den
Wahlbedingungen: Das Wahllokal war zwar ueberdacht, aber letztlich fand
die Wahl unter freiem Himmel statt – das Hotel hatte auf Weisung "von
oben" die Bereitstellung eines Raumes verweigert. Um 8.15 Uhr gab gerade
der 7. Waehler von 315 seine Stimme ab. Mit Kartons war auf den Tischen
ein Sichtschutz improvisiert worden, der entfernt an Wahlkabinen
gemahnte. Drei verschiedene Stimmzettel gab es – fuer die
Praesidentschaftswahl und die Wahlen zu den beiden Kammern des
Bundesparlaments (die Buergerkammer wird nach Bevoelkerungsstaerke
besetzt, die Laenderkammer mit je 20 Vertretern Serbiens und 20
Montenegros - diese Regelung wurde anderslautender Westpropaganda zum
Trotz bei der juengsten Verfassungsaenderung nicht angetastet).

Das Wahlkomitee bestand aus Vertretern verschiedener Parteien, die
Partei des montenegrinischen Praesidenten Djukanovic war mit zwei
offiziellen "Beobachtern" praesent. Deren "Beobachtermission" war von
besonderer Art. Mitglieder des Wahlkomitees berichteten ueber einen
ungeheuren Druck auf die Bevoelkerung waehrend der letzten 10 Tage,
nicht zur Wahl zu gehen, es habe persoenliche Bedrohung, Drohungen mit
dem Verlust des Arbeitsplatzes oder der sozialen Unterstuetzung gegeben.

Dass dies nicht aus der Luft gegriffen war, kann ich aufgrund meines
achttaegigen Aufenthaltes mit einer Freidenker-Gruppe eine Woche zuvor
in Montenegro bestaetigen. In vielen Gespraechen wurde berichtet, dass
eine staatlich organisierte massive Einschuechterungs-Kampagne begonnen
habe, die alle Wahlwilligen mit Existenzgefaehrdung bedrohe.

Es wurden konkrete Beispiele genannt, wo u. a. ein Direktor eines
holzverarbeitenden Betriebes seinen Beschaeftigten ankuendigte, wer am
Sonntag zur Wahl gehe, brauche am Montag nicht mehr zur Arbeit zu
erscheinen. Das Gleiche gab ein Schulleiter im Norden des Landes seinem
Lehrerkollegium bekannt.

So hatten die Beobachter aus der Djukanovic-Partei eine fuer alle
Beteiligten offenkundige Aufgabe – jene, die trotz der Drohungen von
ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, zu melden und die angekuendigten
Schikanen Realitaet werden zu lassen.

Doch die "demokratische, westlich orientierte" Regierung des
NATO-Freundes Djukanovic beliess es nicht bei solchen "Beobachtern".
Kaum war unsere Beobachter-Gruppe erschienen, verliessen zwei finstere
Gestalten ihren in der Naehe geparkten Pkw, um sich mit verschraenkten
Armen rund 30 Meter vom Wahllokal aufzubauen, und zu bedeuten: Auch die
Geheimpolizei Dukanovic’ laesst diese demokratischen Wahlen und die
Waehler nicht allein.

Beim naechsten Wahllokal im Strandbereich von Budva hatten um 8.40 Uhr
13 von 665 Waehlern ihre Stimme abgegeben. Das Wahllokal befand sich in
einem engen Raum des derzeit ungenutzten Erholungsheim der
Jugoslawischen Flussschiffahrt, da die frueheren Wahlstellen (in der
Schule und im Hotel Mocren) von der Djukanovic-dominierten
Stadtverwaltung verweigert wurden.

Auch hier wurde ueber Drohungen gegen die Waehler und potentielle
Mitglieder des Wahlkomitees berichtet, am Wahltag selbst gab es noch
keine Stoerungen. Auch hier Mitglieder verschiedener Parteien im
Komitee, und eine Besonderheit – eine Vertreterin des
DOS-Wahlbuendnisses, der "Demokratischen Opposition" Serbiens, die unter
dem Patronat von Madeleine Albright den Praesidentschaftskandidaten
Kostunica hervorbrachte – die einzige nicht kompromittierte Figur der
notorisch zerstrittenen wie NATO-hoerigen "Opposition". Doch die
Beobachterin "der DOS" war in Wirklichkeit eine Vertreterin der
Djukanovic-Partei, es machte sich aber besser, nicht im Namen einer die
Wahlen boykottierenden Partei aufzutreten. Das warfen die Mitglieder des
Wahlkomitees ihr vor – und sie gab es schliesslich zu, bekraeftigte aber
zugleich ihre Unterstuetzung fuer Kostunica. Eine Unterstuetzung, die
freilich recht platonisch bleiben musste, da sie, aus dem 15 km
entfernten Petrovac stammend, ihrem angeblichen Favoriten gar nicht mit
der eigenen Stimme dienen konnte.

Beim anschliessenden Fruehstueck der Beobachter auf der Terasse des zu
Wahlzwecken verweigerten Hotels Mocren in Budva traf ich meinen Freund
Mischa wieder, den ich telefonisch ueber mein Kommen informiert hatte,
und von dem wir uns gerade eine Woche zuvor in seinem Haus verabschiedet
hatten. Ich sprach ueber das bisher Gesehene, und er meinte mit
resignierendem Kopfschuetteln, es sei eine Schande, was die Mafia-Bande
um Djukanovic Montenegro antue, das schoene Land werde der NATO und dem
Internationalen Verbrechen ausgeliefert, gleichzeitig soll das Volk von
seinen serbischen Bruedern und seinen historischen Wurzeln abgeschnitten
werden.

Ich fragte Mischa ueber einige Nachrichten, die in der Vorwoche von BBC
aus Montenegro kolportiert worden waren: Ein Soldat der jugoslawischen
Armee habe eine montenegrinischen Polizisten erschossen – BBC nahm das
als einen Beweis fuer die "von Milosevic geplante Provokation zwecks
militaerischem Eingreifen". Mischa klaerte darueber auf, dass die
Schiesserei sich zwischen Maennern in Zivilkleidung ereignet hat,
zumindest der "Soldat" sei schon lange nicht mehr in der Armee. Man
nehme an, es handle sich um eine innermafioese Auseinandersetzung –
zumindest seien alle "politischen" Motive frei erfunden.

Doch BBC meldete auch, zur Bekraeftigung, massive Bewegung von Truppen
und Fahrzeugen der jugoslawischen Armee auf den Strassen Montenegros in
der Woche vor der Wahl. "Auch davon ist kein Wort wahr", meinte Mischa
empoert, "hier ist alles exakt genauso normal und ruhig wie Ihr es in
den Tagen vorher selbst erlebt habt". Nach dieser neuen Lektion in
Sachen "freier Medien im Westen" besuchten wir ein drittes Wahllokal in
einem Wohnviertel Budvars. Zum Abschied hatte uns Mischa versichert,
obwohl Djukanovic in seiner Funktion als Praesident (!) im Fernsehen
erklaert habe, kein anstaendiger, ehrenhafter Mensch, der fuer
Montenegro sei, duerfe zur Wahl gehen, sei es fuer ihn
selbstverstaendlich, trotz aller Einschuechterungen zur Wahl zu gehen –
"alles andere waere eine Schande".

Wir steuerten direkt auf die Stadtverwaltung zu, doch mussten wir kurz
davor abbiegen – in den Schachklub, in Nebenraeumen von
"Montenegrotourist". Wieder beengte Verhaeltnisse, improvisierter
Sichtschutz, wieder ein politisch gemischtes Wahlkomitee, und wieder
eine "Beobachterin", die offiziell fuer Kostunica wachte, tatsaechlich
aber fuer Djukanovic die Waehlerliste inspizierte. Eine Aufgabe, die
ihre Kraefte sichtlich ueberforderte, denn in und vor dem Wahllokal
bildete sich eine grosse Waehler-"Schlange", was ein Wahlboykotteur
naturgemaess nicht sonderlich liebt. Deshalb sah sie "die Gefahr, bei
dieser Menge den Ueberblick zu verlieren und es zu Wahlfaelschungen
kommen koenne." Um 10.20 Uhr hatten in diesem Lokal rund 400 von 3.900
Waehlern ihre Stimme abgegeben, und ca. 50 warteten auf die Moeglichkeit
zur Stimmabgabe.

Auch im benachbarten Gebaeude der Stadtverwaltung war eine grosse
Betriebsamkeit festzustellen. An einem Fenster im ersten Stock hatten
sich zwei Exemplare der Djukanovic-Polizei in gruen-braunen
Kampfanzuegen postiert, die den Eingang des Wahllokals nicht aus den
Augen liessen. Als ich eine Reihe meiner Mitbeobachter auf diese
Gestalten aufmerksam machte, eilte ein schwarz gekleideter Zivilist aus
der Menge vor dem Wahllokal vor das Fenster der beiden, und sie machten
umgehend neuen Beobachtern in Zivil Platz. Den zurueckkehrenden
schwarzen Mann fragten wir nach seiner Funktion, worauf er meinte, er
sei Waehler, er warte nur auf seine Frau, die noch im Wahllokal sei. Als
wir uns etwas entfernt hatten, lief er unentwegt zwischen Wahllokal,
Stadtverwaltung und einer Gaststaette hin und her, sprach unablaessig
mit anderen "unauffaellig Herumlungernden", waehrend "seine Frau"
verschwunden blieb – die womoeglich als besonders schwerer Fall von
Wahlfaelschung hoechstselbst in die Wahlurne gefallen war.

Weitere Aufregung vor dem Wahllokal: "Wenn Ihr mich hier nicht waehlen
lasst, fahre ich nach Serbien!", rief eine erboste Frau, die als
NATO/UCK-Vertriebene aus Kosovo und Metohija in Budva Zuflucht fand.
"Irgendwie" sei es nach Angaben von Umstehenden zu Differenzen zwischen
den Listen des Roten Kreuzes und den Waehlerlisten gekommen. Von den in
Budva lebenden rund 1000 Kosovo-Vertriebenen sollen nur ca. 500 auf den
Waehlerlisten stehen. Noch schlimmer in der montenegrinischen Hauptstadt
Podgorica, der naechsten Station unserer "Observer-Mission" - dort
sollen von 20.000 Vertriebenen gar nur 1.000 den Weg in die
Waehlerlisten gefunden haben. Eine bei der bekannten
Pro-Milosevic-Stimmung unter den Kosovo-Serben umso unverstaendlichere
"Organisationsleistung" – die waehrend des Wahltages wohl nicht mehr
geheilt werden konnte.

Zum Abschied aus Budva rief uns noch ein Waehler zu: "Berichtet, dass
dies hier keine freien Wahlen sind! Seit Wochen werden wir
eingeschuechtert und bedroht fuer den Fall, dass wir zur Wahl gehen. Im
Volk herrscht Angst, wir haben hier eine Terror-Verwaltung. Wir wollen
aber nicht von Serbien getrennt werden, wir wollen nicht in einer
Kolonie leben!"

Bei unserem Aufenthalt in Montenegro Mitte September hatte uns bereits
ein Freund, der in der Tourismus-Branche arbeitet, auf die merkwuerdige
Lage hingewiesen, dass nicht nur Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen von
Djukanovic angewiesen worden seien, nicht ueber Wahlvorbereitungen und
Wahlkampf zu berichten – sogar bezahlte Zeitungsanzeigen, Werbespots und
offizielle Plakatierung wuerden verweigert. Bei der Fahrt von der Kueste
ueber die alte Residenzstadt Cetinje nach Podgorica sahen wir dafuer in
grosser Zahl Werbetafeln (ohne erkennbaren"Absender") mit der Parole:
"Ich weigere mich, zu waehlen. Zum Wohle von Montenegro und Serbien."
Das ist jenes Wohl, das aus der Hand der NATO kommen soll.

In Podgorica die Pressekonferenz des Landeswahlkomitees – im engen
Kolleg einer privaten Gaststaette (die grossen staatlichen Hotels hatten
ebenfalls keinen Raum fuer Wahlaktivitaeten). Information: Bis 11 Uhr
haetten rund 15% der Wahlberechtigten in Montenegro ihre Stimme
abgegeben – trotz massiver Drohungen und Behinderungen.

In den Wahllokalen der montenegrinischen Hauptstadt ein aehnliches Bild
wie gehabt. Mitglieder der Sozialistischen Volkspartei von Momir
Bulatovic, der Serbischen Radikalen Partei von Vojislav Seselj, der
Serbischen Volkspartei und vereinzelt auch Mitglieder verschiedener
kommunistischer Parteien bildeten das Wahlkomitee, ergaenzt um ein bis
zwei Beobachter - vorgeblich der "Demokratischen Opposition" Kostunicas,
real Spione Djukanovic’. Im ersten Wahllokal hatten um 14.30 Uhr 15% von
983 Waehlern gewaehlt, im zweiten um 14.45 Uhr 20% von 809 Waehlern.
Beide Wahllokale waren in Tourismusbueros der Bundesrepublik
untergebracht.

Im dritten Wahllokal Podgoricas (Nr.61), in einem Freizeitclub der
Jugoslawischen Armee untergebracht, berichtete man uns von massiven
Provokationen der Djukanovic-Polizei. Bei Eroeffnung des Lokals seien
rund um den Eingang des Lokals mehrere Polizei-Kameras im Straeuchern
installiert gewesen, um alle Waehler "festzuhalten". Nach Intervention
des Wahlkomitees wurden sie zwar entfernt, jedoch parkte 80 Meter
entfernt ein grauer Golf mit zwei Polizisten (Kennzeichen PG 12 – 87)
sowie weitere "dickere" Fahrzeuge in der Naehe mit unablaessigen
Mobiltelefonieren.

Hier erfuhren wir auch von einem Faktor, der nicht unerheblich fuer die
relative Wirksamkeit des Boykotts gewesen sein duerfte: Die
Djukanovic-Regierung hatte den Wahlsonntag kurzerhand zum Arbeitstag
erklaert! Die Beschaeftigten im Gesundheitswesen und im gesamten
oeffentlichen Dienst, auch die Arbeiter der groesseren staatlichen
Betriebe hatten schlicht keine Zeit fuer den Gang zum Wahllokal – wenn
sie ihren Arbeitsplatz nicht unerlaubt verlassen wollten. Wetten, dass
ueber dieses "kleine" Detail kein Sterbenswoertchen verloren wird, wenn
die "freien westlichen Medien" triumphierend ueber den Erfolg des
Djukanovic-Boykotts berichten?

Letzte Station unserer Rundfahrt war die Stadt Kolasin im Norden
Montenegros, gelegen in jenen Bergen, die namensgebend fuer die kleine
Republik sind. Hier stellt die Sozialistische Volkspartei, die mit der
Sozialistischen Partei Serbiens verbunden ist, die lokale Regierung, und
deshalb konnte hier auch in oeffentlichen Gebaeuden gewaehlt werden. Im
ersten Wahllokal, in der Gemeindebuecherei, hatten um 17.20 40% von 720
Waehlern gewaehlt. Auch hier ein gemischtes Komitee, und ein
Djukanovic-Vertrauter. Der war sichtlich verbluefft ueber unsere Frage
nach seiner Partei, sodass ihm (unter Protest der Komitee-Mitglieder)
ein Parteifreund zurief: "Sag, dass Du Vertreter der Demokratischen
Opposition bist, sag es!" Wir haetten es aber auch so schon gewusst.

Die letzten beiden Wahllokale, die wir in Kolasin besuchten, lagen im
Buergerhaus und verzeichneten gegen 17.30 Uhr eine Wahlbeteiligung von
etwa 50%. Ein Komiteevorsitzender sagte uns, einige Arbeiter und Rentner
haetten die Drohungen der Republiksregierung wohl ernst genommen und
seien nicht erschienen, weil sie um ihre Loehne und Renten fuerchteten.
Er sei aber sicher, dass es sich um leere Drohungen handele, denn auch
der Praesident sei doch an Verfassung und Gesetz gebunden, besonders ein
Demokrat wie Milo Djukanovic. Bevor wir allzu fassungslos werden
konnten, machte uns das schallende Gelaechter der Komiteemitglieder
klar, dass ihr Vorsitzender zu scherzen beliebt. Nur der "oppositionelle
Demokrat" laechelte saeuerlich.

Da war sein Kollege im Nachbarwahllokal von anderer Statur: der
ueberschlug sich foermlich dabei, uns zu versichern, wie wunderbar die
Zusammenarbeit sei, wie gut und kontrolliert die gesamte Wahlhandlung
ablaeuft, technisch einwandfrei demokratisch voellig korrekt -
Faelschungen seien ausgeschlossen, dafuer verbuerge er sich, und bei
Bedarf koennten wir auch seinen Namen angeben.

Trotz dieser aufmunternden Worte zogen wir vor der Rueckreise nach
Belgrad das Fazit, dass diese Wahlen beim besten Willen nicht frei,
geheim und gleich genannt werden koennen. Die Wahlen, wohlgemerkt im
"westlichen Montenegro", nicht jene im "Reich des boesen Slobo". Eine
Situation der systematischen Einschuechterung und Angst stoert die neuen
Weltordner nicht die Bohne, wenn sie sich eine neue Kolonie untertan
machen wollen. Allerdings muss die jugoslawische Regierung die Frage
beantworten, ob eine allen demokratischen Normen Hohn sprechende
Wahlbehinderung auf einem Teil ihres Territoriums hingenommen werden
kann.

Klaus Hartmann

ist Praesident der Weltunion der Freidenker und wurde in dieser Funktion
vom jugoslawischen Bundesparlament als Wahlbeobachter eingeladen



PS- In den Nachrichten verschiedener Fernseh- und Rundfunkstationen
wurde am Abend des 25.09.2000 aus Montenegro von einer Entlassungswelle
in Betrieben und verwaltungen berichtet.



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Press release



Belgrade, September 26, 2000

"A free and fair election", international observers say.



The 210 international observers from 54 countries who have come to
Yugoslavia to monitor the elections have among them current and former
parliamentarians, representatives from political parties and
organizations, as well as scholars, journalists and activists. They have
been able to view the electoral activities from rallies to the actual
voting on September 24 and many have taken the opportunity meet with the
leaders of various political parties and the different presidential
campaigns.

The observers feel strongly that they have had free, unobstructed access
to the relevant activities and particularly to the voting on the 24 when
observers visited polling stations in different parts of Yugoslavia,
including Montenegro and Kosovo.

In Montenegro, the ca 20 foreign observers witnessed an overall
atmosphere of intimidation of the voters, originating from the
government of Mr. Djukanovic which is boycotting the elections.
Everywhere there were huge billboards telling people not to vote. These
had the appearances of threats: "Don’t vote or else..." Some of those
who did vote, told the observers that they felt voting was risky for
them and could lead to the loss of jobs and other forms of harassment,
as the polling stations were watched by the police and cameras not
belonging to the media were pointed at the citizens coming to vote. In
one poll Serbian refugees from Kosovo told the observers that hundreds
of them had been left off the voters’ lists, although they had the
necessary documentation to be able to vote. (This situation was brought
to the attention of the Montenegrin Electoral Commission and a more
detailed report will be forwarded to the Federal Electoral Commission of
Yugoslavia.)

The observers note that the voting process overall was orderly and
smooth although it involved three separate ballots with multiple
choices. The voting process, in the opinion of many, was equal or
superior to the ones in their own countries.

The observers feel strongly that the so-called "international community"
has been abusive of Yugoslavia and democratic principles, in declaring
weeks ahead that the election will be "rigged" and heaping constant
abuse at the authorities in Yugoslavia who are trying to carry out a
complicated, multi-level election in stressful conditions. This abuse
has continued after the election, with leaders of Western countries
declaring only a few hours after the election that Mr. Kustunica has
won, as if they would have had privileged access to the voting results!
This leads us to wonder whether if Mr. Kustunica in fact comes first,
whether his election will also be considered fraudulent, because, after
all, "everybody knows" that the election was rigged.

The observers believe that there has been undue interference in the
Yugoslavian election by the Western powers, in particular by the United
States, which has seen fit to interfere to the tune of $77(US) million
to various opposition movements and organizations, including the
"independent" media. This is a shameful - and no doubt illegal –
intrusion into the affairs of a sovereign nation. Also the attempts by
the European Union to bribe Yugoslavian voters to vote in a certain way
in order to be "rewarded" with the lifting of sanctions and other
goodies, must be condemned in the strongest possible terms.

The observers leave Yugoslavia with a hightened respect for the
integrity of the political process in the country. From what we have
seen and heard, we believe that the results will truly reflect the will
and the wishes of the people of Yugoslavia. –30-



This statement has been endorsed by:

NAME COUNTRY

... ...

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>Liebe Leute,
>
>zu den Wahlen in Jugoslawien dokumentiere ich folgende Texte:
>
>FAIR, ABER NICHT FREI
>EINDRÜCKE DER INTERNATIONALEN WAHLBEOBACHTER IN JUGOSLAWIEN.
>Von Rüdiger Göbel, Belgrad
>junge Welt v. 27.09.2000
>Anlage 1
>
>DJINDJIC SETZT AUF GEWALT DER STRAßE
>OPPOSITION WIRFT WAHLKOMMISSION JUGOSLAWIENS MANIPULATION VOR.
>Von Rüdiger Göbel, Belgrad
>junge Welt 28.09.2000
>Anlage 2
>
>WAHLEN IM DJUKANOVIC-LAND
>ALS WAHLBEOBACHTER UNTERWEGS IN MONTENEGRO.
>Von Klaus Hartmann
>junge Welt 28.09.2000
>Anlage 3
>
>NATO-STAATEN SCHLIEßEN DEN RING
>TRUPPEN WERDEN UM JUGOSLAWIEN KONZENTRIERT. DROHUNG MIT MILITÄRSCHLAG
>Von Rainer Rupp
>junge Welt v.26.09.2000
>Anlage 4
>
>WIRD JUGOSLAWIEN DIE NATO STOPPEN?
>Von Klaus von Raussendorff
>Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der PDS Oktober/2000
>Anlage 5
>
>Mit internationalistischen Grüßen
>
>Klaus v. Raussendorff
>
>---------------------------------------------------------
>Anti-Imperialistische Korrespondenz (AIK)
>Redaktion: Klaus von Raussendorff
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>Anlage 1
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>junge Welt v. 27.09.2000
>
>FAIR, ABER NICHT FREI
>EINDRÜCKE DER INTERNATIONALEN WAHLBEOBACHTER IN JUGOSLAWIEN.
>Von Rüdiger Göbel, Belgrad
>
>Wer hat gewonnen, hast Du Ergebnisse«, war die am Montag morgen die in
>Belgrad wohl am häufigsten gestellte Frage. Die Antwort blieb man
>schuldig, auch wenn die Oppositionszeitung Danas in dicken Lettern mit
>»Popeda! - Sieg!« titelte. Es ist kein normales Land, und es waren keine
>normale Wahlen, die am Sonntag in Jugoslawien stattfanden. Gut ein Jahr
>nach dem NATO-Krieg gegen das Balkanland waren 7861327 Wahlberechtigte,
>7417197 in Serbien und 444130 in Montenegro, aufgerufen, den künftigen
>Präsidenten zu wählen. Erstmals wird damit der Staatschef Jugoslawiens
>direkt von der Bevölkerung bestimmt. Darüber hinaus galt es, die
>Abgeordneten für die beiden Kammern des Bundesparlamentes, sowie
>Kreisräte und Kommunale Mandatsträger zu wählen.
>
>Die Wähler waren nicht wirklich frei in ihrem Votum. »Wenn die Wahlen
>nicht fair sind, werden wir Jugoslawien hermetisch isolieren«, ließ der
>US-Präsident in Washington am Vorabend des Urnenganges verlauten. Als
>»fair« und für den Westen akzeptabel gelten die Wahlen nur dann, wenn
>der gegenwärtige Präsident Jugoslawiens, Slobodan Milosevic, sein Amt
>verliert. Millionensummen wurden im Vorfeld von den USA und der
>Europäischen Union aufgebracht, ein Klima zu erzeugen, demzufolge
>Oppositionskandidat Vojislav Kostunica die Wahlen auf jeden Fall
>gewinnen würde - und sollte er es nicht, dann könne dies nicht dem
>Wählervotum geschuldet sein, sondern Manipulationen der Resultate
>seitens der Regierungsparteien SPS (Sozialistische Partei Serbiens) und
>JUL (Jugoslawische Linke). Eine leichte Position also für die
>Pro-NATO-Opposition in Belgrad.
>
>Unter der Drohung fortdauernder Sanktionen, der Sezession Montenegros
>und in Erwartung bürgerkriegsähnlicher Auseinandersetzungen im Falle
>einer Niederlage der Oppositionsparteien sowie dem Versprechen auf
>wirtschaftliche Hilfe als Belohnung für einen Sieg der »Demokratischen
>Opposition Serbiens« (DOS) galt es, über die Zukunft im kleinen wie
>einer ganzen Nation zu entscheiden. Es sind »historische Wahlen« im
>besten Sinne, und ihr Ergebnis dürfte von globaler Bedeutung sein. Wird
>die NATO von den Wählern nachträglich für ihr Bombardement Jugoslawiens
>mehrheitlich mit den Stimmen für Kostunica belohnt, oder steht der
>Großteil der Bevölkerung nach wie vor an der Seite derjenigen, die das
>Land bis dato den neokolonialen Einvernahmungs- und
>Unterordnungsambitionen des Westens entziehen konnten?
>
>Sieg oder Niederlage, demokratische Wahlen oder Manipulation, Wandel mit
>dem Kandidaten Kostunica oder ewige Despotie eines Milosevic? Dieser
>einfachen Fragestellung folgend herrscht in den großen westlichen
>Unisonomedien denn auch seit Tagen eine Art neuerliche Kriegsstimmung.
>
>Samstag, 9.02 Uhr: Die Korrespondentin des britischen Nachrichtensenders
>BBC, Jacky Rowland, vermeldet telefonisch aus Belgrad, letzten Umfragen
>zufolge habe der DOS-Kandidat Vojislav Kostunica einen Zehn-Prozent-
>Vorsprung gegenüber dem amtierenden Präsidenten Milosevic. Da seit
>Freitag 0.00 Uhr eigentlich Wahlruhe herrscht, gibt es keinerlei neue
>Daten oder Umfragen. Auch wenn diese »Vorwahlumfragen« in den westlichen
>Medien sowie der Oppositionspresse in Jugoslawien immer wieder
>präsentiert wurden, es gibt keinen seriösen Meinungsforscher, der den
>Erhebung Glauben schenkt.
>
>Die regierungsnahe jugoslawische Tageszeitung Politika titelt in ihrer
>Samstagausgabe mit der neugeschaffenen Verbindung über die Donau. In der
>Nacht zum Freitag waren alle Teile des Brückenschlusses »Varadinska
>Duga« in Novi Sad verbunden worden. Das Megaprojekt ist Teil des
>Regierungsprogramms zum Wiederaufbau und Erneuerung des Landes. Die vom
>Westen finanzierte Zeitung Glas übt sich hingegen in defätistischem
>Realismus und vermeldet auf der Titelseite den vermeintlich aktuellen
>Schwarzmarktwechselkurs von DM und Dinar, der bei eins zu 35 liegen
>soll. In der Tat war der Wert des Dinars in den Vorwahltagen
>kontinuierlich gesunken, und in den Geschäften Belgrads wurde der
>Eindruck erweckt, als ob es eine Knappheit an Grundnahrungsmitteln wie
>Öl, Zucker und Milch gäbe. Künstliche Krisenstimmung.
>
>Sonntag, 8.00: Nabil Zaki aus Kairo beginnt im Belgrader Stadtteil
>Karaburma mit seiner Arbeit. Er gehört der internationalen
>Wahlbeobachtergruppe an, die von der Belgrader Regierung eingeladen
>wurde, den Urnengang zu überwachen. 210 Mitglieder umfaßt die »election
>observing mission«, sie kommen aus mehr als 50 Ländern. Nabil Zaki ist
>Chefredakteur der ägyptischen Tageszeitung Al Ahali und Präsident der
>Abteilung für internationale Beziehungen von »Tagamo«. Die Linkspartei
>rechnet damit, bei den in vier Wochen anstehenden Parlamentswahlen in
>Ägypten die Zahl ihrer Sitze im Parlament von fünf auf zehn zu
>verdoppeln. In der Schule »Stjepan Stevo Filipovic« in der Straße
>Patrisa Lumumbe 5 gehören Zana Niksic und ihre Tochter Liljana zu den
>ersten Wählern am Morgen. Für beide ist klar, bei dem Urnengang geht es
>um die Verteidigung ihres Landes gegen eine Übernahme durch die NATO. In
>der ersten Viertelstunde nach Öffnung der Wahllokale haben bereits 40
>Wähler abgestimmt, erfährt Nabil Zaki von der Wahlkommission. Es sind
>überwiegend Rentner, die zu dieser Zeit ihre Stimme abgeben. In dem
>Klassenzimmer der Grundschule sitzen mehr Mitglieder dieser
>parteienübergreifenden Kommission als Wähler Platz finden würden. Zwei
>jugoslawische Papierfähnchen auf die grüne Tafel geklebt markieren den
>Raum als Wahllokal. Die Stimmung ist locker, man kennt sich aus der
>Nachbarschaft. Sowohl die Kommissionsmitglieder der oppositionellen DOS
>und SPO (Serbische Erneuerungsbewegung) wie die regierenden SPS sind
>zufrieden mit der Wahlprozedur und bezeichnen sie auf Nachfrage als
>»fair«. Zwei ältere Frauen, die für die Serbische Radikale Partei (SRS)
>die Richtigkeit des Urnenganges überprüfen sollen, nicken beipflichtend
>zu. Fünf Wahlboxen sind aufgestellt, sie wurden am Morgen verplompt und
>werden nach Schließung des Wahllokals um 20 Uhr in Anwesenheit aller
>Wahlkommissionsmitglieder geöffnet. Auf dem Boden einer jeden Urne liegt
>eine Wahlliste, damit soll den Anschuldigungen begegnet werden, es gebe
>eventuell einen doppelten Boden in den Boxen. In einer stundenlangen
>Prozedur werden schließlich die Stimmen gemeinsam ausgezählt, geprüft
>und gegengeprüft. Dem Westen und den Anschuldigungen der Opposition,
>Milosevic würde sich mittels Wahlmanipulationen an der Macht halten,
>sollen damit entkräftet werden. Für Gelächter wie für Verstimmung sorgt
>Nabil Zaki mit der Frage nach Wahlsymbolen für die einzelnen Parteien.
>In Ländern mit hoher Analphabetenrate soll dies den Wählern bei der
>Unterscheidung der Konkurrenten helfen. »Bei uns können alle lesen«,
>tönt eine ältere Frau aus der anderen Ecke des Raumes. Symbole auf den
>Stimmzetteln seien daher nicht notwendig.
>
>Um 8.20 Uhr ist der Wahlbeobachter bereits im Wahllokal in der
>Physik-Fakultät in der Straße Zara Dusana 13. Er gehört zum Wahlkreis
>Stari Grad und liegt im Zentrum Belgrads. Nabil Zaki interessiert sich
>für die Identifizierung der Wahlberechtigten. Stimmzettel erhält nur,
>wer mit Wahlbenachrichtigung und Personalausweis oder Paß kommt. Eine
>mehrfache Stimmabgabe ist damit nicht möglich. Die Daten werden mit dem
>Wählerverzeichnis überprüft, der DOS-Vertreter sitzt direkt daneben und
>notiert zudem die Wählernummer. Alle anderen Mitglieder auch dieser
>parteienübergreifenden Kommission können den Prozeß nachvollziehen. In
>Ägypten gebe es stets Streit darüber, ob sich die Wähler ausweisen
>müssen, Manipulationen seien damit leicht möglich, erklärt er gegenüber
>junge Welt, die als einzige Zeitung die Wahlbeochtermission begleitet.
>
>Im Wahlkreis 43, dessen Wahllokal sich im Gebäude des Serbischen Roten
>Kreuzes in der Simina 19 befindet, scheint man um halb neun am Morgen
>noch zu schlafen, fragt Nabil Zaki scherzend die gutgelaunten
>Wahlkommissionsmitglieder. Auch hier werden Kaffee und Saft
>parteiübergreifend getrunken und über das ein oder andere Witzchen
>gelacht. Als dann doch eine Wählerin auftaucht und Nabil Zaki fragt, für
>wen sie denn gestimmt habe, wird er von den Kommissionsmitgliedern
>unterbrochen. Dies dürfe in den Wahllokalen nicht erfragt werden. Die
>Abstimmung ist geheim und niemand habe sich hier für das Votum des
>Einzelnen zu interessieren. Die 40jährige Mutter dreier Kinder freilich
>läßt Zaki wissen, daß sie für den »Wechsel« gestimmt habe. Ein hagerer
>Rentner hat Pech. Da er sich nur mit seinem Gesundheitsausweis, der kein
>Foto enthält, legitimieren kann, darf er nicht abstimmen. Er wird
>gebeten, doch nach Hause zu gehen und mit seinem Personalausweis
>wiederzukommen.
>
>Um 9 Uhr inspiziert Nabil Zaki das Wahllokal 52 in der Marsala
>Birijusova 58 ganz in der Nähe der Belgrader Fußgängerzone. Von den 921
>Wahlberechtigten haben hier schon 90 ihre Stimmen abgegeben. In dem
>engen, verrauchten Raum reihen sich die Mitglieder von SPS, DOS, SPO und
>SRS dicht an dicht aneinander. Zwei weitere Mitglieder der
>Wahlkommission beharren darauf, »neutral« zu sein und keiner Partei
>anzugehören.
>
>In einer Stunde hat der 65jährige Philosoph aus Kairo damit fünf
>Wahllokale aufgesucht. Unterschiedslos äußerten sich die Vertreter der
>verschiedenen Parteien jeweils zufrieden mit dem Ablauf des
>Wahlprozesses. Es gebe keine Probleme, heißt es einmütig, von
>Manipulation könne keine Rede sein. Weder gebe es das Interesse noch die
>Möglichkeiten dafür. Nabil Zaki ist zufrieden mit seiner bisherigen
>Mission. »In Ägypten ist die Opposition häufig von der Wahlkommission
>ausgeschlossen«, kritisiert er die Demokriedefizite in seinem Land. Sie
>habe keine Möglichkeit, die Stimmabgabe und - auszählung zu überwachen
>und die Stimmung in den Wahllokalen sei häufig aggressiv. Ähnlich äußern
>sich gegenüber junge Welt im Laufe des Wahlsonntags Beobachter aus der
>Ukraine, aus Rußland, Bolivien, Argentinien und Griechenland.
>
>Pancevo, 11 Uhr: In den Räumen der Wirtschaftskammer der 15 Kilometer
>nordöstlich von Belgrad gelegenen Stadt stehen Zoran Nikolic, Präsident
>des Südbanats, und Dusan Sivsev, Präsident der Wahlkommission für die
>Region Pancevo, einer 20köpfigen Gruppe internationaler Wahlbeobachter
>Rede und Antwort. Von der Tatsache abgesehen, daß drei Wahllokale
>aufgrund technischer Probleme wenige Minuten verspätet geöffnet wurden,
>habe es in ihrem Verantwortunsbereich keine Probleme gegeben. Alle
>Parteien hätten die Wahlruhe respektiert. Laut Gesetz darf 48 Stunden
>vor dem Urnengang nicht mehr geworben werden, im Umkreis von 50 Metern
>um die Wahllokale ist zudem jede Parteiwerbung untersagt. Wahlplakate
>müssen im Zweifelsfall entfernt werden, was an den gut 100 zerrissenen
>Milosevic- Postern an einer Baustellenwand im Eingangsbereich des
>Wahllokals sichtbar wird.
>
>Die Chancen für die Opposition seien unterschiedlich, erklärt Nikolic
>auf Nachfrage. Frühestens Montag könne die Wahlkommission die Ergebnisse
>bekannt geben. Da aber alle Parteien durch eigene Mitglieder vertreten
>seien, könnten diese eigene Hochrechnungen und Stimmungsbilder
>erstellen. Seriös und zuverlässig sind diese freilich nicht, wie sich im
>Laufe des Sonntag abend und Montag zeigen wird. Im Vorfeld der Wahlen
>hat es Kritik gegeben, daß nur eine Wählerliste in den Wahllokalen
>ausliegt und nicht jede Partei eine erhält. Dusan Sivsev beruft sich auf
>die Gesetzeslage und verweist darauf, daß jeder die Möglichkeiten gehabt
>habe, die Wählerlisten einzusehen. Er unterstreicht, daß es keine
>Differenzen über diese Listen zwischen den Parteien gebe, es sei also
>eine funktional-formale, keine inhaltliche Kritik. Vitali Shibko von der
>Sozialistischen Partei der Ukraine äußert sich zufrieden mit dem bisher
>gesehenen. Für ihn wichtig ist die Kontrolle der Wahlurnen selbst. Bei
>den Wahlen in Jugoslawien sei es - im Gegensatz zu seinem Land, das vom
>Westen unterstütztwerde - nicht möglich, daß zusätzliche Stimmen in die
>Boxen geworfen werden können. Landsmann Sergio Dovgan von der
>Bauernpartei pflichtet ihm bei. Beide haben vier Wahllokale in Belgrad
>besucht und berichten von der freundlichen Atmosphäre dort. Es gebe
>keinen Druck auf die Wähler, für eine bestimmte Partei oder einen
>bestimmten Kandidaten zu stimmen.
>
>Antonio Alac aus Argentinien pflichtet den beiden bei. Im Unterschied zu
>seinem Land gebe es keine Polizei vor den Wahllokalen. »Es sind Wahlen
>des Volkes.« In Argentinien würden die Stimmen an geheimen Plätzen
>ausgezählt. Der Opposition werde im Gegensatz zu Jugoslawien die
>Partizipation an diesem Prozeß verwehrt, Wahlfälschung sei daher Teil
>des politischen Tagesgeschäftes. Es sei doch absurd, daß Jugoslawien
>ausgerechnet von den Ländern Demokratiedefizite unterstellt werden, die
>wie die USA für die Unterstützung der Diktaturen in Lateinamerika
>bekannt seien. »Unsere Gesetzgebung basiert auf westlichen Modellen«,
>erklärt der Zoran Nikolic den Wahlbeobachtern. »Ausgerechnet diese
>Länder klagen uns zur Zeit an, undemokratisch und repressiv zu sein«,
>pflichtet der serbische Politiker seinen Vorredner bei. »Wir sind daher
>sehr dankbar, daß sie nach den Wahlen in ihren Ländern Botschafter der
>Wahrheit sind.«
>
>12.30 Uhr am Rande von Pancevo: Rush-hour im Wahllokal in der
>Kikinska-Straße. Mit den zur Seite geschobenen Ausstellungstücken im
>Möbelhaus Tamis Trgovina wirkt es improvisiert. Doch es erfüllt seinen
>Zweck. 510 Wähler haben bis Mittag ihre Stimme abgegeben, 50 Prozent der
>Wahlberechtigten in diesem Kreis. Obwohl die Anzahl der Wahlkabinen von
>vier auf acht verdoppelt wurde, stehen die Wähler Schlange. »Die hohe
>Wahlbeteiligung spricht für ein hohes politisches Bewußtsein in diesem
>Land«, urteilt Nabil Zaki. »Am wichtigsten für uns ist, daß die ganze
>Wahl ordnungsgemäß verläuft. Wir wollen eine faire Abstimmung«, erklärt
>ihm die Präsidentin der lokalen Wahlkommission, Rula Zora.
>
>Daß an die Schaufensterscheiben des Möbelhauses im Laufe des Vormittags
>Otpor-Aktivisten ihre Parolen zur Unterstützung der Opposition gesprüht
>haben und nebenan fleißig Anti-Regierungsplakate der Soros-Foundation
>geklebt wurden, nehmen beide schulterzuckend zur Kenntnis. Was dagegen
>tun? - Wären indes Plakate der SPS neben dem Wahllokal nicht rechtzeitig
>abgerissen worden, »unabhängige Wahlbeobachter« würden von Manipulation
>und »Unregelmäßigkeiten in Pancevo« sprechen.
>
>Belgrad am Nachmittag: Im Stundenrhythmus gibt CeSID, das vom
>Multimilliardär George Soros unterstützte »Zentrum für freie Wahlen und
>Demokratie«, im Media-Centar eine Pressekonferenz. Sein Zentrum werde
>davon abgehalten, die Wahlen zu beobachten, erklärt Marko Blagojevic vor
>der internationalen Presse. Auch DOS-Vertreter dürften die Wahllokale
>nicht aufsuchen, so die CeSID-Behauptung. Die richtige und langersehnte
>Information für die Sendezentralen in den westlichen Hauptstädten. Gegen
>16 Uhr weiß das ZDF von »Unregelmäßigkeiten« bei den Wahlen in
>Jugoslawien zu berichten und spricht von »Befürchtungen« der Opposition,
>daß es Manipulationen gebe.
>
>Vrsac, 16.30 Uhr: Das Städtchen an der jugoslawisch- rumänischen Grenze
>ist wohlhabend und aufgeräumt. Mit den zwei Konditorei-Fabriken, etwas
>chemischer und pharmazeutischer Industrie sowie dem Wein vom Fruska Gora
>bringen es die Einwohnern von Vrsac zu einigem Wohlstand. 23 nationale
>Minderheiten und Nationen leben neben- und miteinander hier im Nordosten
>der Vojvodina. Die Rumänen stellen mit 13 Prozent die größte Minderheit.
>In den Schulen erhalten sie muttersprachlichen Unterricht, am Rathaus
>sind die Eingangstafeln dreisprachig - serbisch, rumänisch und ungarisch
>- gehalten. Ebenso wie die Stimmzettel, erklärt der Präsident der
>Wahlkommission, Milorad Vidulevic. Auf die von jW angesprochenen
>Anschuldigungen der ausländischen Medien, die Wahlen würden mittels der
>Stimmen der Kosovo-Flüchtlinge und der Armeeangehörigen gefälscht, läßt
>Vidulevic einen Packen versiegelter Umschläge bringen. 102
>Wahlberechtigte von Vrsac leisteten zur Zeit ihren Militärdienst. Sie
>seien in Kasernen in ganz Serbien untergebracht. Am vergangenen Dienstag
>haben sie von ihm per Post die Wahlunterlagen erhalten und bis Freitag
>zurückgeschickt. Die Umschläge werden am Abend nach Schließung der
>Wahllokale in Anwesenheit der kompletten Wahlkommission geöffnet. Die
>Stimmzettel, jeweils in separaten, neutralen und verschlossenen
>Umschlägen verpackt, werden in die jeweiligen Urnen - für die
>Präsidentschaftswahlen, die Kammern des Bundesparlamentes und die
>Kommunen - geworfen. Vor der Gruppe der Wahlbeobachter öffnet Vidulevic
>zwei Umschläge, um die Ausführungen zu untermauern. In jedem Umschlag
>liegt separat zudem die Wahlbenachrichtigung, so daß auf den
>Wählerlisten vermerkt werden könne, wer am Votum teilgenommen habe und
>wer nicht.
>
>Die Stimmen der Kosovo-Flüchtlinge werden ebenfalls vor Ort in
>Anwesenheit aller Parteienvertreter ausgezählt. Die Ergebnisse werden
>anschließend den Wahlbezirken Vranje und Prokuplj zugerechnet.
>Wahllokale für Kosovo-Vertriebene gibt es in jeder Stadt, in der mehr
>als 100 Wahlberechtigte aus der südserbischen Provinz leben. 350000
>Menschen, überwiegend Serben, wurden seit Einmarsch der KFOR- Soldaten
>im Juni 1999 aus dem Kosovo vertrieben. Von einigen wenigen serbischen
>Enklaven und dem Norden der Provinz abgesehen, konnten im Kosovo die
>Wahlen nicht organisiert werden. »Nur diejenigen, die Angst haben zu
>verlieren, sprechen zu diesem Zeitpunkt von Manipulation«, weißt
>Vidulevic die Anschuldigungen der westlichen Medien und von CeSID
>zurück.
>
>17.50 Uhr: Im Wahllokal 23 im Gymnasium für Chemie und Textiltechnik in
>Vrsac herrscht reger Andrang. Bis 18 Uhr haben 609 von 925
>Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. DOS-Vertreter Dusan Dulejan
>kritisiert, daß internationale Beobachter nur von der Regierung
>eingeladen worden seien. Ihm fehlen »unabhängige« Monitore von der OSZE.
>Dennoch, auf Nachfrage von jW äußert er sich zufrieden über den
>Wahlprozeß »in diesem Raum«. Er weiß aber von Manipulationen in Nis im
>Süden Serbiens zu berichten. Woher die Information, so die Nachfrage.
>Während des Mittagessens habe er zu Hause »Deutsche Welle« gehört und es
>im Internet gelesen. Daher die »gesicherte Information«.
>
>Belgrad, 21 Uhr: Auf dem Trg Republike, dem Platz der Republik, im
>Zentrum der jugoslawischen Hauptstadt, haben SPS und JUL ein »Konzert
>des Volkes« organisiert. Einige Parteiaufrechte schwenken ihre
>Parteifahnen im Wind, auf der Bühne wird Folklore und traditionelles
>Liedgut geboten. Eine schlechte Propagandashow für RTS, das serbische
>Staatsfernsehen. Der Großteil der Anwesenden, Anhänger der Opposition,
>pfeift die Künstler nieder. DOS selbst spricht eine Stunde nach
>Schließung der Wahllokale nur 200 Meter neben dem Konzert, auf dem Platz
>Terazije, vor gut 5000 Unterstützern von »Sieg«. Die »Ära Milosevic«
>wird als beendet gefeiert. Ergebnisse gibt es freilich zu diesem
>Zeitpunkt noch nicht. CNN sendet aus dem Haus nebenan live in die USA
>und alle Welt über die »Wahlparty der Opposition«. Im Hintergrund die
>wartenden DOS-Fans. Später positionieren sich vielleicht zwei Dutzend
>Polizisten zwischen den beiden Gruppen - SPS-Folklore-Anhänger hie und
>aggressiv-siegeslustige Jungwähler da. Mit ihren Helmen und Knüppeln an
>der Seite wirken die Sicherheitskräfte entsprechend martialisch, die
>Bilder fürs Abendprogramm in den USA und die Morgenmagazine in
>Deutschland sind perfekt - Milosevics Regime bleibt repressiv.
>Übergriffe oder Festnahmen gab es freilich nicht. Ebensowenig wie
>sichere Wahlergebnisse. Die liegen auch am Montag mittag noch nicht vor,
>beide Lager beanspruchen allerdings für sich den Sieg bei den
>Präsidentschaftswahlen. Trotz aller Unsicherheit in Jugoslawien, in den
>deutschen, britischen und US-Medien werden Kostunica als Wahlgewinner
>gehandelt und die Gerüchte über Manipulation gepflegt.
>
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>
>Anlage 2
>junge Welt 28.09.2000
>
>DJINDJIC SETZT AUF GEWALT DER STRAßE
>OPPOSITION WIRFT WAHLKOMMISSION JUGOSLAWIENS MANIPULATION VOR.
>Von Rüdiger Göbel, Belgrad
>
>Jugoslawien wird in den nächsten vier Jahren eine Linksregierung haben.
>Der nächste Präsident des Balkanlandes wird in einem zweiten Wahlgang
>bestimmt werden müssen. Dies geht aus den am Dienstag abend
>veröffentlichten vorläufigen Ergebnissen der Bundeswahlkommission
>hervor. Demnach haben nach den Wahlen am vergangenen Sonntag die
>Sozialistische Partei Serbiens (SPS), die Jugoslawische Linke (JUL) und
>die montenegrinische Sozialistische Volkspartei (SNP) in beiden Kammern
>des Bundesparlamentes die absolute Mehrheit der Abgeordnetensitze. Auf
>kommunaler Ebene müssen die Linksparteien Serbiens indes aufgrund des
>Mehrheitswahlprinzips eine gnadenlose Niederlage hinnehmen. Zwei Drittel
>der Städte werden künftig von der DOS regiert, ein Drittel von der
>SPS/JUL.
>Überraschend war vor allem aber das schlechte Abschneiden von Slobodan
>Milosevic, der mit 2026478 Wählerstimmen deutlich entfernt von einer
>absoluten Mehrheit bei den Präsidentschaftswahlen liegt. Auch wenn der
>Gegenkandidat der »Demokratischen Opposition Serbiens« (DOS), Vojislav
>Kostunica, mit 48,22 Prozent der Wählerstimmen deutlich vor dem im
>Westen verhaßten jugoslawischen Präsidenten Milosevic (40,23 Prozent)
>führt, die absolute Mehrheit im ersten Wahlgang konnte er laut
>Bundeswahlkommission nicht gewinnen. Am 8. Oktober steht somit die
>zweite Runde an. Unklar ist allerdings, ob Kostunica an dieser
>teilnehmen wird.
>
>Am späten Dienstag abend hatte Zoran Djindjic, Wahlkampfleiter der DOS,
>vor der Presse in Belgrad erklärt, sein Anti-Milosevic-Bündnis werde die
>Ergebnisse der Bundeswahlkommission nicht akzeptieren und die »Bürger
>Serbiens« zur »Verteidigung« ihres »Sieges« auf die Straße rufen. Im
>DOS-Hauptquartier im Zentrum der jugoslawischen Hauptstadt sowie in
>Washington, London und Berlin sowie den großen Westmedien war Vojislav
>Kostunica bereits unmittelbar nach Schließung der Wahllokale am Sonntag
>zum Sieger und damit nächsten Präsidenten Jugoslawiens erklärt worden.
>Das Wort Manipulation und Wahlbetrug machte am Dienstag denn auch
>schnell die Runde. Uneinig ist man sich bei der DOS indes im Umgang mit
>den Resultaten der Wahlen zum Bundesparlament. Während DOS-Sprecher
>Cedomir Jovanovic für alle Wahlen den Sieg der Opposition reklamiert,
>räumte Wahlkampfleiter Djindjic die Führung der Linksparteien bei den
>politisch wichtigen Parlamentswahlen ein.
>
>Doch den Sieg Vojislav Kostunicas wolle man sich nicht nehmen lassen.
>Für Mittwoch abend hatten DOS und die mit ihr verbundene neoliberale
>Ökonomengruppe G-17-Plus zu einer Großkundgebung vor der Skupstina, dem
>Parlament im Herzen Belgrads, aufgerufen. Vojislav Kostunica wollte dort
>seinen Anspruch auf den Präsidentenposten proklamieren, ganze 24 Stunden
>vor der Bekanntgabe des endgültigen Wahlergebnisses durch die
>Bundeswahlkommission. In den folgenden Tagen sollen Demonstrationen
>folgen. Die internationalen Nachrichtensender BBC und CNN stimmten ihre
>Zuschauer bereits im Laufe des Mittwoch auf blutige Auseinandersetzungen
>am Abend ein. Eine Verantwortung für eine mögliche Gewalteskalation in
>Belgrad will DOS allerdings nicht übernehmen, erklärte Djindjic auf
>junge Welt-Nachfrage. Doch genau die Verantwortung - einen Bürgerkrieg
>in Jugoslawien zu verhindern - kommt ihr zu. Es liegt in ihren Händen,
>ihre im Siegestaumel schwelgenden Anhänger auf den Boden der Realität
>zurückzuholen. Denn selbst wenn Vojislav Kostunica der nächste Präsident
>Jugoslawiens sein sollte, Slobodan Milosevic wird - ganz legal - ein
>wichtiger Faktor im Land bleiben. »Gotov je - Er ist am Ende«, diese
>während des Wahlkampfes ausgegebene Parole wurde zu früh gebrüllt.
>
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>
>Anlage 3
>junge Welt 28.09.2000
>
>WAHLEN IM DJUKANOVIC-LAND
>ALS WAHLBEOBACHTER UNTERWEGS IN MONTENEGRO.
>Von Klaus Hartmann
>
>Am 24. September 2000 begab sich eine Gruppe von rund 30 Wahlbeobachtern
>von Belgrad aus nach Montenegro, um sich ein Bild von den
>Wahlbedingungen und dem Wahlablauf in der jugoslawischen Teilrepublik zu
>machen. Die Beobachter kamen unter anderem aus Bulgarien, Makedonien,
>Moldawien, Georgien und der Ukraine, aus Indien und dem Tschad sowie aus
>den NATO-Ländern Kanada, Großbritannien und Deutschland.
>
>Auf dem Flughafen von Tivat in der Kotor-Bucht angekommen fuhr die
>Gruppe mit dem Bus zu Wahllokalen in verschiedenen Teilen des Landes.
>Die erste Station war der Jaz-Strand vor Budva an der Adria-Küste, und
>hier gab es bereits den ersten markanten Eindruck von den
>Wahlbedingungen: Das Wahllokal war zwar überdacht, aber letztlich fand
>die Wahl unter freiem Himmel statt - das Hotel hatte auf Weisung »von
>oben« die Bereitstellung eines Raumes verweigert. Um 8.15 Uhr gab gerade
>der siebte Wähler von 315 Wahlberechtigten seine Stimme ab. Mit Kartons
>war auf den Tischen ein Sichtschutz improvisiert worden, der entfernt an
>Wahlkabinen erinnerte. Das Wahlkomitee bestand aus Vertretern
>verschiedener Parteien. Auch die Partei des montenegrinischen
>Präsidenten Milo Djukanovic war mit zwei offiziellen »Beobachtern«
>präsent. Deren »Beobachtermission« war von besonderer Art. Mitglieder
>des Wahlkomitees berichteten über einen ungeheuren Druck auf die
>Bevölkerung während der letzten zehn Tage, nicht zur Wahl zu gehen. Es
>habe persönliche Bedrohung, Drohungen mit dem Verlust des Arbeitsplatzes
>oder der sozialen Unterstützung gegeben.
>
>Daß dies nicht aus der Luft gegriffen war, kann ich aufgrund meines
>achttägigen Aufenthaltes mit einer Gruppe der Freidenker eine Woche
>zuvor in Montenegro bestätigen. In vielen Gesprächen wurde uns
>berichtet, daß eine staatlich organisierte massive
>Einschüchterungskampagne begonnen habe, die alle Wahlwilligen mit
>Existenzgefährdung bedrohe. Uns wurden konkrete Beispiele genannt: Der
>Direktor eines holzverarbeitenden Betriebes kündigte seinen
>Beschäftigten an, wer am Sonntag zur Wahl gehe, brauche am Montag nicht
>mehr zur Arbeit zu erscheinen. Das Gleiche gab ein Schulleiter im Norden
>des Landes seinem Lehrerkollegium bekannt. So hatten die Beobachter aus
>der Djukanovic-Partei eine für alle Beteiligten offenkundige Aufgabe -
>jene, die trotz der Drohungen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, zu
>melden und die angekündigten Schikanen Realität werden zu lassen.
>
>Beim nächsten Wahllokal im Strandbereich von Budva hatten um 8.40 Uhr 13
>von 665 Wählern ihre Stimme abgegeben. Das Wahllokal befand sich in
>einem engen Raum des derzeit ungenutzten Erholungsheimes der
>Jugoslawischen Flußschiffahrt, da die früheren Wahlstellen (in der
>Schule und im Hotel Mocren) von der Djukanovic-dominierten
>Stadtverwaltung verweigert wurden. Auch hier wurde über Drohungen gegen
>die Wähler und potentielle Mitglieder des Wahlkomitees berichtet. Am
>Wahltag selbst gab es keine Störungen. Auch hier saßen Mitglieder
>verschiedener Parteien im Komitee und - eine Besonderheit - eine
>Vertreterin des DOS-Wahlbündnisses, der »Demokratischen Opposition
>Serbiens«. Doch die »Beobachterin der DOS« war in Wirklichkeit eine
>Vertreterin der Djukanovic-Partei der Demokratischen Sozialisten (DPS),
>es machte sich aber besser, nicht im Namen einer die Wahlen
>boykottierenden Partei aufzutreten.
>
>Beim anschließenden Frühstück der Beobachter traf ich meinen Freund
>Mischa wieder. Ich befragte ihn zu einigen Nachrichten, die in der
>Vorwoche von BBC aus Montenegro kolportiert worden waren: Ein Soldat der
>jugoslawischen Armee habe einen montenegrinischen Polizisten erschossen.
>Das britische Fernsehen nahm das als einen Beweis für die »von Milosevic
>geplante Provokation zwecks militärischem Eingreifen«. Mischa klärte
>darüber auf, daß sich die Schießerei zwischen Männern in Zivilkleidung
>ereignet hat, zumindest der »Soldat« sei schon lange nicht mehr in der
>Armee. Man nehme an, es handle sich um eine Auseinandersetzung in der
>Mafia - zumindest seien alle »politischen« Motive frei erfunden. Nach
>dieser neuen Lektion in Sachen »freier Medien im Westen« besuchten wir
>ein drittes Wahllokal in einem Wohnviertel Budvars.
>
>Wir steuerten direkt auf die Stadtverwaltung zu, doch mußten wir kurz
>davor abbiegen - in den Schachklub in Nebenräumen von
>»Montenegrotourist«. Wieder beengte Verhältnisse, improvisierter
>Sichtschutz, wieder ein politisch gemischtes Wahlkomitee und wieder eine
>»Beobachterin«, die offiziell für Kostunica wachte, tatsächlich aber für
>Djukanovic die Wählerliste inspizierte. Eine Aufgabe, die ihre Kräfte
>sichtlich überforderte, denn in und vor dem Wahllokal bildete sich eine
>große Wählerschlange, was ein Wahlboykotteur naturgemäß nicht sonderlich
>liebt. Deshalb sah sie »die Gefahr, bei dieser Menge den Überblick zu
>verlieren, und daß es so zu Wahlfälschungen kommen könne«.
>
>Auch im benachbarten Gebäude der Stadtverwaltung war eine große
>Betriebsamkeit festzustellen. An einem Fenster im ersten Stock hatten
>sich zwei Angehörige der montenegrinischen Polizei in grün-braunen
>Kampfanzügen postiert, um den Eingang des Wahllokals zu observieren. Als
>ich eine Reihe meiner Mitbeobachter auf die beiden aufmerksam machte,
>eilte ein schwarz gekleideter Zivilist aus der Menge vor dem Wahllokal
>vor das Fenster der beiden. In der Folge machten sie umgehend neuen
>Beobachtern in Zivilkleidung Platz.
>
>Weitere Aufregung vor dem Wahllokal: »Wenn ihr mich hier nicht wählen
>laßt, fahre ich nach Serbien!« rief eine erboste Frau, die als
>NATO-UCK-Vertriebene aus dem Kosovo in Budva Zuflucht fand. »Irgendwie«
>sei es nach Angaben von Umstehenden zu Differenzen zwischen den Listen
>des Roten Kreuzes und den Wählerverzeichnissen gekommen. Von den in
>Budva lebenden rund 1000 Kosovo- Vertriebenen sollen nur etwa 500 auf
>den Wählerlisten stehen. Noch schlimmer, in der montenegrinischen
>Hauptstadt Podgorica, der nächsten Station unserer »Observer-Mission«,
>sollen von 20000 Vertriebenen gar nur 1000 Aufnahme in die Wählerlisten
>gefunden haben.
>
>In den Wahllokalen der montenegrinischen Hauptstadt ein ähnliches Bild
>wie gehabt. Im Wahllokal Nr. 61 in Podgorica, in einem Freizeitclub der
>Jugoslawischen Armee untergebracht, berichtete man uns von massiven
>Provokationen der Djukanovic-Polizei. Bei Eröffnung des Lokals seien
>rund um den Eingang mehrere Polizeikameras installiert gewesen. Nach
>Intervention des Wahlkomitees wurden sie zwar entfernt, jedoch parkte 80
>Meter entfernt ein grauer Golf mit zwei Polizisten sowie weitere
>»dickere« Fahrzeuge in der Nähe mit unablässigen Mobiltelefonierern.
>Hier erfuhren wir auch von einem Faktor, der nicht unerheblich für die
>relative Wirksamkeit des Boykotts gewesen sein dürfte: Die
>Djukanovic-Regierung hatte den Wahlsonntag kurzerhand zum Arbeitstag
>erklärt. Die Beschäftigten im Gesundheitswesen und im gesamten
>öffentlichen Dienst, auch die Arbeiter der größeren staatlichen
>Betriebe, hatten schlicht keine Zeit für den Gang zum Wahllokal, wenn
>sie ihren Arbeitsplatz nicht unerlaubt verlassen wollten.
>
>* Klaus Hartmann ist Präsident der Weltunion der Freidenker und wurde in
>dieser Funktion vom jugoslawischen Bundesparlament als Wahlbeobachter
>nach Belgrad eingeladen
>---------------------------------------------------------------------------
----
>
>Anlage 4
>junge Welt v.26.09.2000
>
>NATO-STAATEN SCHLIEßEN DEN RING
>TRUPPEN WERDEN UM JUGOSLAWIEN KONZENTRIERT. DROHUNG MIT MILITÄRSCHLAG
>Von Rainer Rupp
>
>Schon vor Abschluß der Wahl in Jugoslawien am Sonntag riefen NATO und EU
>gemeinsam mit der von ihnen teuer bezahlten jugoslawischen Opposition
>»Wahlbetrug«. Denn falls der NATO-Kandidat Kostunica verlieren sollte,
>dann wäre die Wahl von Milosevic manipuliert und könne folglich von EU
>und NATO nicht anerkannt werden. Um dies auch durchzusetzen - so die
>Überlegung der westlichen Wertegemeinschaft - mußte die NATO erneut ihre
>humanitäre Kriegsmaschine rund um Jugoslawien konzentrieren und in
>Alarmbereitschaft versetzen.
>
>Der französische Außenminister ließ Sonntag nacht noch über Radio Monte
>Carlo wissen, daß seine EU-Amtskollegen noch spätabends in einer
>Telefonkonferenz beraten hätten, wie zu reagieren sei, »falls Präsident
>Milosevic die Wahlen mit unfairen Mitteln gewinnen sollte«. Wobei
>natürlich jedem der Beteiligten von vornherein klar war, daß Milosevic
>mit nichts anderem als nur mit unfairen Mitteln gewinnen konnte,
>schließlich hatten EU und USA nicht umsonst mindestens 75 Millionen
>Dollar Wahlhilfe an die korrupte Opposition gezahlt und noch größere
>Versprechungen gemacht, die Jugoslawen sollten sich in der Wahl für den
>von der NATO ausgewählten Kandidaten entscheiden.
>
>Daß die militärische Friedensintervention gegen Belgrad jederzeit wieder
>aufgenommen werden kann, das macht die NATO mit ihrem Zusammenzug
>militärischer Mittel rund um Jugoslawien deutlich. Damit in Belgrad die
>Friedensbotschaft der westlichen Humanisten nicht mißverstanden wird,
>hat NATO-Generalsekretär Lord Robertson Präsident Milosevic bereits mit
>militärischen Aktionen gedroht, »falls er bei den Wahlen betrügt«. Er
>warnte, daß sich die »Truppen der westlichen Allianz auf dem Balkan in
>Alarmbereitschaft befinden«. Zu diesem Zweck hatte die NATO rechtzeitig
>zur Wahl die größte See-Armada seit ihrem ersten Angriff auf Jugoslawien
>im Mittelmeer zusammengezogen. Der britische Premier Tony Blair, der
>sich mit seinem militaristischen Humangesülze längst einen festen Platz
>im Himmel der Neuen Weltordnung gesichert hat, sandte als »Botschaft an
>Präsident Slobodan Milosevic« den britischen Flugzeugträger »Invincible«
>und den Hubschrauberträger »Ocean« ins Mittelmeer, wo sie auf eine
>amerikanische Schlachtschiffgruppe stoßen werden.
>
>Am Montag berichtete die britis<br/><br/>(Message over 64 KB, truncated)